Die Branche stirbt einsam

Schlechte Zeiten für die Veranstaltungswirtschaft: Aktuell jagt aufgrund der Angst vor dem Corona-Virus eine Veranstaltungsabsage die nächste. Betroffen sind vor allem die großen Messen – mit unabsehbaren Folgen nicht nur für die Messebauer, sondern für die gesamte Veranstaltungsbranche.

Und wieder einmal zeigt sich: Der Strang, an dem alle ziehen müssten, die sich beruflich mit Veranstaltungstechnik beschäftigen – er muss immer noch gesponnen werden.

Verbände

Es gibt natürlich schon seit langem Akteure, die sich genau dieser Aufgabe verschrieben haben, doch die allerwenigsten bekleckern sich in diesen Krisenzeiten mit Ruhm: Der VPLT verweist auf Pressemitteilungen des Bundeswirtschaftministeriums und Handlungsempfehlungen, deren Verfasser unklar ist.

Also nichts, worauf man sich guten Gewissens berufen könnte, wenn man gerade eine Veranstaltung durchzuführen hat und sich nach bestem Wissen und Gewissen vor dem Virus und seinen Folgen schützen will.

Am 4. März 2020 wurde dann auch ein Statement verschickt, in dem der VPLT anündigt, seine Funktionen der Interessenanhäufung und -benennung für diese Branche gegenüber Politik und Öffentlichkeit in dieser Krisensituation wahrzunehmen. Dazu will er sich unter anderem auch mit anderen Verbänden abstimmen.

Das könnte zum Beispiel die ISDV sein, die ihrerseits am Freitag, 6. März ein Webinar zum Thema „Stornierung von Aufträgen“ anbietet. Das hört sich gut an – ist allerdings nur für Mitglieder zugänglich. Ganz anders agiert da der FAMAB, der in Zeiten der Corona-Krise auch Informationen frei zugänglich für alle macht, die ansonsten seinen Mitgliedern vorbehalten sind. Und auch sonst macht der FAMAB im Moment einiges ziemlich richtig, hat es den Anschein. Er war sehr schnell mit einem ersten Schadensreport für die deutsche Messebaubranche an der Öffentlichkeit und hat auch ein Dokument mit Informationen zu Finanzhilfen bei kurzfristigem Liquiditätsbedarf online gestellt.

Medien

Und die Fachmedien? Die beschränken sich in weiten Teilen auf das Veröffentlichen von Pressemitteilungen. Auch unser Kommentar von Susanne Buchheim zum Thema Corona ist zuerst auf ihrem Blog erschienen, also auch nicht direkt auf unserem Mist gewachsen. Eine löbliche Ausnahme ist der EVENT PARTNER, hier hat Anna Habenicht eine nützliche Hilfestellung verfasst. Und VT-Stage hat immerhin eine medienübergreifende Linksammlung zu bieten, die laufend aktualisiert wird.

Die Betroffenen

Und die Betroffenen? Lassen ihrem Unmut in den Kommentarspalten auf facebook freien Lauf und fantasieren über die Möglichkeiten, die sie prinzipiell hätten – und die schon bei Themen wie Preisgestaltung oder Digitale Dividende nie in die Realität umgesetzt wurden.

Waren es im Fall der Funkfrequenzversteigerung hochrangige Politiker, die sich im Kabel ihres Nicht-Mehr-Drahtlosmikrofons verheddern sollten, wird heute zum Beispiel davon geträumt, den Bundestag mit vereinten Kräften und in wenigen Stunden hinter Traversen und Messebauwänden verschwinden zu lassen – die für die Anliegen der Branche nötige Aufmerksamkeit wäre mit Sicherheit da.

Aber da sind wir wieder beim eingangs erwähnten Strang, an dem alle ziehen müssten – und bei aller Kritik an Verbände wie der ISDV oder dem VPLT, in einem Punkt haben sie völlig Recht: Ohne eine genügend große Anzahl an Mitgliedern fehlt auch ihnen die Power, um an den Schaltstellen der Macht, sprich der Politik, etwas bewegen zu können. Und darauf kommt es letztlich an.

Von einem der Betroffenen wurde eine Petition ins Leben gerufen, der Text liest sich an wie mit heißer Nadel gestrickt und ist sicherlich noch verbesserungsfähig, eine Unterzeichnung kann aber auch nicht schaden.

Die Politik

Eine Anfrage meinerseits bei der Pressestelle des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wurde blitzschnell beantwortet, konkrete Antworten auf konkrete Fragen gab es leider nicht. Bewundernswert ist allerdings die vermutete Fähigkeit, vorgefertigte Textbausteine in kurzer Zeit so umzuschreiben, dass es so wirkt, als würden Sie auf die Fragen Bezug nehmen. Unter anderem verweist die Pressestelle auf eine Seite mit Informationen und Q+A.

Und jetzt?

In dieser Situation wird sich zeigen, ob und wie die Veranstaltungsbranche diese fundamentale Krise übersteht. Es gibt erste Aktivitäten von Einzelpersonen, die all die hier erläuterten Sachverhalte wahrgenommen und verstanden haben und gegensteuern wollen: Die Branche muss geeint werden, um mit einer Stimme ihre Anliegen gegenüber der Politik vorzubringen.

Und es wäre wirklich schade, wenn all die Kreativität, Leistungsbereitschaft, Hingabe und Überstundenmacherei, die in dieser Branche steckt, nicht auch dazu fähig wäre, die eigenen Interessen durchzusetzen.

Update 6: März 2020, 22.23:

WICHTIG! DRINGENDER AUFRUF AN ALLE WIRTSCHAFTLICH BETROFFENEN!

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Es folgt das Video

https://www.youtube.com/watch?v=