Corona, die unbekannte Macht

Hysterie oder Vorsicht?

Schlimmer als das Virus selbst, greift momentan die Virus-Panik um sich.
Es hagelt Absagen. Die MWC in Barcelona, die ProWein in Düsseldorf, die ITB in Berlin, um nur einige zu nennen. Derweil kursieren auf Facebook die wildesten Vergleiche zu Todeszahlen von Grippewellen und der ein oder andere postet Bilder von leergekauften Supermärkten.

So manch einer muss sich jetzt mit seinen Stornobedingungen auseinandersetzen, andere rufen verzweifelt ihre Auftraggeber an und fragen nach Jobs. Der eine rennt in den Supermarkt, kauft Mehl, Nudeln und Seife und der andere ist genervt, weil sein Lieblingskonzert abgesagt wird und regt sich über die Hysterie auf.

Aber wie gefährlich ist dieses Virus nun tatsächlich? Und ist es wirklich angebracht, deswegen so viele Veranstaltungen abzusagen? Und warum passiert das eigentlich auf einmal so plötzlich?

Der Grund für die massenhaften Absagen ist, dass das Gesundheitsministerium zusammen mit dem Innenministerium einen Krisenstab eingerichtet hat, der vergangenen Freitag mitteilte, dass bei der Risikobewertung von Großveranstaltungen die Empfehlungen der Robert-Koch-Instituts angewendet werden sollen.

Risikobewertung nach Robert Koch

In diesen Empfehlungen bezieht das Robert-Koch-Institut sich auf die bisher bekannten Fälle und stellt fest, dass sich in einigen Regionen Menschen gehäuft bei Veranstaltungen angesteckt haben. Dabei unterscheidet man zwischen verschieden hohen Risiken und empfiehlt, je nach Risikohöhe, die Veranstaltung im Zweifel abzusagen oder zu verschieben.

Das macht ja erstmal Sinn. Damit ich sehen kann, wie hoch das Risiko meiner Veranstaltung ist, unterteilt das RKI in drei Bereiche. Ein besonders hohes Risiko setzt sich zusammen aus:

1. Der Zusammensetzung der Teilnehmer
2. Der Art der Veranstaltung und
3. Dem Ort der Veranstaltung.

Beispielhaft für ein hohes Risiko bei der Zusammensetzung der Teilnehmer sind internationale Veranstaltungen wie Messen oder Konferenzen, bei denen auch Menschen aus Gebieten mit vielen Infektionen (China…) kommen, aber auch Veranstaltungen, bei denen eine hohe Menschendichte besteht. Die Art der Veranstaltung mit einem hohen Risiko kann beispielsweise eine sein, bei der viel Körperkontakt im Spiel ist, wie Karneval oder ein Fußballspiel. Beim Ort der Veranstaltung ist logischerweise dann ein hohes Risiko gegeben, wenn es an dem Ort bereits Infektionen gab oder wenn er allgemein unhygienisch ist und Ansteckung begünstigt.
Und zu guter Letzt schreibt das RKI noch explizit, dass von Messen ein erhöhtes Risiko ausgeht, falls man das bis hierhin noch nicht begriffen hat.
So viel also zu den Gründen.

Konsequent inkonsequent

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich verständlich, dass Veranstalter den Empfehlungen der Bundesregierung folgen, denn wer will sich schon vorwerfen lassen, er riskiere aus Profitgier die Gesundheit tausender von Menschen?
Was ich viel bedenklicher finde, ist die Tatsache, dass die Veranstalter unterschiedlich konsequent sind, indem sie zum Beispiel Fußballspiele stattfinden lassen, wo sich Leute aus verschiedenen Himmelrichtungen sabbernd in den Armen liegen und dass es offensichtlich keine zentrale Stelle gibt, die das koordiniert. Zumindest sind die Empfehlungen der Bundesregierung und der RKIs bislang nur Empfehlungen und nicht bindend. Verstehe ich nicht. Ist das Virus jetzt gefährlich oder nicht?
Und hier argumentieren ja auch genug Menschen, dass es insgesamt doch deutlich mehr Tote durch die Influenza gibt und durch den Welthunger, zumindest werden solche Ansichten zu Hauf auf facebook geteilt und man empfindet diese ganze „Hysterie“ eben als lächerlich und übertrieben. Was in Anbetracht der oben genannten Inkonsequenz ja auch schwer zu verstehen ist.

Influenza tötet mehr Menschen

Die Zahlen, die zitiert werden, sind da sicherlich nicht falsch und es mag unverständlich erscheinen, dass wegen der Influenza nichts abgesagt wird, obwohl sie so offensichtlich viel mehr Opfer fordert.
Der Grund aber, warum man bei dem Coronavirus so vorgeht, ist der, dass es noch kein Gegenmittel und keine Impfstoffe gibt. Wie zum Beipiel beim Influenzavirus. Man möchte durch diese starken Einschränkungen Zeit gewinnen, um sich besser auf eine Welle von Infektionen vorzubereiten.
Auch hier wird immer wieder betont, dass die Coronawelle kommen wird, dass sie nicht mehr aufzuhalten ist, dass sich innerhalb der nächsten zwei Jahre ein Großteil der deutschen Bevölkerung wahrscheinlich damit infizieren wird. Und anders als bei der Grippe, ist man darauf noch nicht vorbereitet und möchte das gerne sein.
Was auch in FAQs der RKIs erwähnt wird, ist dass man verhindern möchte, dass die Influenzawelle, die wir gerade in Deutschland erleben, und die Coronawelle aufeinandertreffen. Denn wir haben ja alle gelesen, dass die Menschen, die bislang an Corona gestorben sind, fast alle Vorerkrankungen hatten. Mit anderen Worten, wenn du schon ne Grippe hast, und du steckst dich dann noch mit Corona an, hast du echt die Kacke am dampfen.
Zum Thema Welthunger möchte ich eigentlich nicht viel sagen, außer dass der zum Glück nicht ansteckend ist, zumindest soweit ich informiert bin, und deswegen als Vergleich irgendwie geschmacklos scheint…
So sieht das also aus und ich persönlich finde das eine umsichtige Handlungsweise, auch wenn bei mir gerade reihenweise die Veranstaltungen abgesagt werden und ich keine Ahnung habe, ob ich die Kohle dafür je sehen werde.
Und da sind wir meiner Meinung nach beim nächsten Problem, nämlich dem wirtschaftlichen, welches wahrscheinlich der Hauptgrund dafür ist, weshalb das Thema gerade so hochkocht.
Ich bin nicht die Einzige, die gerade viel Freizeit hat. Erzwungenermaßen. Und als Selbständige ist das ziemlich Kacke, denn kein Job heißt auch kein Geld. Und da man ja nicht genau weiß, wie lange das alles anhält, kann es schon ein wenig beunruhigend sein, so ungewiss.
Deswegen bin ich auch sehr schnell dabei, diese Absagen-Welle als übertrieben zu bewerten und mich zu echauffieren. Völlig verständlich. Doch ganz ehrlich, eigentlich hat das schon alles seinen Sinn.
Auch wenn es ätzend ist.

Stornogebühren?

Bei einem Gespräch mit einem Kollegen / Auftraggeber hörte ich davon, dass im Rheinland viele Techniker an ihre Verbände appellieren, damit diese sich dafür einsetzen, ein Rettungspaket bei der Bundesregierung anzustoßen. Denn mal ganz ehrlich: ist die Ernte schlecht, werden Rettungspakete für Bauern geschnürt, bricht die Wirtschaft zusammen, retten wir die Banken. Im Moment wird eine Großveranstaltung nach der anderen abgesagt, da kann man schon zu Recht ein Rettungspaket für die Eventbranche beschließen. Denn selbst wenn uns selbständigen Einzelunternehmern 100% der Ausfallgebühren bezahlt werden, heißt das leider noch lange nicht, dass unsere Auftraggeber die von ihren Kunden ebenfalls bekommen. Und so etwas kann für eine Firma schonmal schnell das Aus bedeuten.
Was die Ausfallgebühren betrifft, kursieren auch jede Menge besorgte Meinungen in den sozialen Netzwerken, und hier zeigt sich, genau wie bei der letzten Monat hochgekochten Diskussion über die selbständigen Einzelunternehmer, dass wir an solchen Dingen echt arbeiten müssen. Ich mache mich nicht frei davon, diese Aufgaben immer erst anzugehen, wenn das Kind bereits im Brunnen ist, aber genau das macht uns scheinselbständig. Keiner hat wirklich eine Idee, wie das mit den Stornogebühren funktioniert. Kaum einer hat AGBs, oder gar einen Werkvertrag mit dem Auftraggeber und jetzt beginnt das große Kratzen am Kopf.
Diesbezüglich kann ich nur jedem, dem dieses Thema Kopfzerbrechen bereitet, empfehlen Mitglied des ISDV zu werden – wenn ihr es nicht schon seid – denn der bringt am kommenden Freitag ein online Webinar (nur für Mitglieder) zu genau diesem Thema. Gute Sache!

Macht was!

So möchte ich auch jedem empfehlen, sich dem Aufruf an die Verbände anzuschließen und zu erbitten, dass ISDV, VPLT und IHK sich dafür einsetzen, ein Rettungspaket anzustoßen. Schreibt Eurem Verband eine Mail, ruft an, und wenn ihr noch nicht in einem Verband seid, werdet Mitglied!

Hier:
ISDV

Oder hier:
VPLT:

Eure zuständige IHK gibt findet ihr hier: https://www.ihk.de/#ihk-finder

Und was ebenfalls sehr hilfreich ist, wenn ihr dem Bundestagsabgeordneten eures Wahlbezirks eine Mail schreibt. Den findet ihr hier: https://www.bundestag.de/abgeordnete
Es ist immer toll, wenn jeder eine Meinung hat und diese ungefragt überall verbreitet, was allerdings noch viel besser ist, wenn man etwas gegen die Dinge tut, die einen aufregen. In diesem Falle empfehle ich, nichts gegen die Absagen zu unternehmen, was sowieso schwer sein sollte, sondern in dem oben genannten Rahmen tätig zu werden.

Jeder wie er möchte

Es ist also ärgerlich und auch besorgniserregend, dass Veranstaltungen ausfallen, weil es unserer Branche echt wehtut und dem ein oder anderen vielleicht sogar das Genick bricht, aber deswegen ist es nicht unbedingt falsch. Und was die Hysterie betrifft, finde ich, eine vorsichtige Betrachtung und Hinterfragung angebracht, möglichst ohne zu viele Verschwörungstheorien mit einzubeziehen, und wenn man sich dann informiert hat, kann man sich seine Meinung bilden. Vorher bitte nicht.
Meine Meinung ist, dass diese Empfehlungen sinnvoll sind, aber wie immer, ihr könnt das gerne anders sehen.
Natürlich bin ich noch meilenweit entfernt davon, mir 10kg Nudeln zu kaufen, falls ich in Quarantäne muss oder hier die Seife zu stapeln, was dann wirklich völlig übertriebene Hysterie wäre. Aber hey, wenn die Leute Spaß an sowas haben, sollen sie das ruhig machen, ess ich halt Gemüse.

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