Sound Design for Glastonbury: Simon Honywill

Dieser Podcast wurde im Rahmen der LEaT con 2024 in Hamburg produziert. Die Originalsprache ist Englisch, im folgenden veröffentlichen wir die deutsche Übersetzung

Markus Wilmsmann:
Herzlich willkommen zur ersten von drei Podcast-Folgen! Mothergrid sendet hier von der LEaT con in Hamburg, die heute, am 22. Oktober, stattfindet. Mein erster Gast ist Simon. Simon ist nicht nur FOH-Ingenieur für Superstars wie Chris Rea, Goldfrapp oder Jeff Wayne’s War of the Worlds, sondern seit vielen Jahren auch Sounddesigner für den heiligen Gral der britischen Festivalszene – das Glastonbury Festival. Simon, herzlich willkommen!

Simon Honywill
Vielen Dank, Markus. Hallo!

Markus:
Wie war es für dich, als du zum ersten Mal darüber nachgedacht hast, das Sounddesign für ein so berühmtes Festival zu übernehmen? Warst du aufgeregt?

Simon
Nun, das Interessante ist: Ich wurde nur etwa fünf Kilometer vom Festivalgelände entfernt geboren. Schon als ich in der Branche angefangen habe, dachte ich immer: „Das ist mein Festival, da gehöre ich hin.“ Es fühlte sich fast wie mein Geburtsrecht an, dort zu arbeiten. Und ja, es hat irgendwie geklappt, auch wenn der Weg dahin etwas ungewöhnlich war.

Markus:
Waren deine Eltern vielleicht Nachbarn, die sich über den Lärm beschwert haben?

Simon
Was, 1959? Wohl kaum. (lacht)

Markus:
Das bringt mich zu meiner ersten ernsthaften Frage: Was ist das Besondere daran, das Soundsystem für das Glastonbury Festival zu designen, insbesondere für die Pyramid Stage, die viele von Bildern kennen?

Simon
Die Pyramid Stage ist das Herzstück des Festivals und auch optisch ikonisch. Für Künstlerinnen ist es ein großer Meilenstein, dort aufzutreten. Unser Ziel ist es, ein Soundsystem zu schaffen, das bis zu 130.000 Menschen ein gleichwertiges Hörerlebnis bietet – egal, wo sie stehen. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass Künstlerinnen und ihre Toningenieur*innen zufrieden sind und ihr Konzert wie gewünscht präsentieren können. Doch der größte Balanceakt besteht darin, den Lärmpegel so zu kontrollieren, dass wir die Nachbarn in zwei Kilometern Entfernung nicht stören. Das ist wirklich eine Gratwanderung.

Markus:
Die Zuschauer*innenfläche vor der Pyramid Stage hat eine ungewöhnliche Form, oder?

Simon
Ja, das Gelände ist asymmetrisch. Es ist eine funktionierende Milchviehfarm, die sich während des Festivals in ein riesiges Gelände voller Besucher*innen verwandelt. Außerdem liegt die Bühne auf einer sogenannten Ley-Linie, einer alten Energielinie, die durch Glastonbury führt. Das hat für viele in der Region eine besondere Bedeutung. Die Form des Feldes ist ein versetztes Rhombus, und das Soundsystem muss dieser Form folgen. Es ist also kein konventionelles Layout – die Schallabdeckung ist entsprechend angepasst.

Markus:
Das klingt nach vielen Herausforderungen, die du lösen musst.

Simon
Absolut. Wir haben elf Delay-Türme sowie die Haupt-PA links und rechts. All diese Lautsprecherarrays müssen so abgestimmt sein, dass sie sich gegenseitig optimal ergänzen. Hinzu kommt die Topografie des Geländes, das auf einer Seite deutlich höher liegt als auf der anderen. Und wenn es regnet, wird es richtig matschig!

Markus:
Das kennen die meisten Festivals. Aber Glastonbury-Matsch ist wohl eine eigene Kategorie, oder?

Simon
Auf jeden Fall – das liegt an den Kühen. Und am Cider.

Markus:
Ihr verwendet das Martin Audio MLA-System. Warum?

Simon
Seit 2014 setzen wir das MLA-System ein, weil es uns ermöglicht, die Schallabdeckung sehr präzise zu steuern. Wir können genau bestimmen, wie laut es an bestimmten Punkten ist, zum Beispiel 3 Dezibel leiser in 200 Metern Entfernung. Das hilft uns, den Schall innerhalb des Geländes zu halten und die Nachbarn nicht zu stören.

Markus:
Das System ist nicht mehr das neueste, aber ihr scheint immer noch begeistert davon zu sein.

Simon
Für mich sind die Lautsprechersysteme von Martin Audio schlichtweg überlegen. Sie klingen musikalischer und haben eine bessere Kontrolle als andere Systeme. Viele hören heutzutage gar nicht mehr richtig hin und gehen nur nach Marketing oder Logistik. Das MLA ist aber wirklich herausragend.

Markus:
Neben der Pyramid Stage bist du auch für andere Bereiche des Festivals zuständig, oder?

Simon
Ja, ich betreue insgesamt vier Bühnen. Die Pyramid Stage läuft mittlerweile wie von selbst, dank eines großartigen Teams. Meine Aufmerksamkeit gilt daher oft anderen Bühnen wie der West Holts Stage, wo alles von Jazz bis zu japanischem Punk gespielt wird. Auch die Tanzflächen in Block 9, die bis spät in die Nacht laufen, sind eine Herausforderung, da sie laut und immersiv sein sollen, ohne die Nachbarn zu stören.

Markus:
Wie gehst du mit Beschwerden der Nachbarn oder der Behörden um?

Simon
Das ist eine ständige Herausforderung. Wir müssen die Lautstärke regulieren, um die Lizenz zu behalten. Künstlerinnen und Publikum wollen es laut, aber wenn die Nachbarn sich beschweren, wird es schwierig. Es gibt immer einen Kompromiss zwischen dem Festival und den Anwohnerinnen.

Markus:
Wie reagieren Bands auf das von euch bereitgestellte System?

Simon
Anfangs gab es Skepsis, aber mittlerweile wissen alle, dass unser System hervorragend klingt. Viele Engineer*innen kommen vorab, hören sich das System an und sind begeistert. Das ist ein großer Erfolg.

Markus:
Zum Abschluss: Du hast erwähnt, dass du das Mischen von Orchestern gelernt hast. Wie hat dich das geprägt?

Simon
Es hat mir ein tiefes Verständnis dafür vermittelt, wie Musik funktioniert. Jedes Instrument hat seinen eigenen Platz im Frequenzspektrum, und das Zusammenspiel ist wie ein Puzzle. Dieses Wissen hilft mir heute enorm.

Markus:
Simon, vielen Dank für das Gespräch! Viel Erfolg auf der nächsten War of the Worlds-Tour, die dich 2025 auch nach Oberhausen führen wird.

Simon
Vielen Dank, Markus. Alles Gute!

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