Licht an, Drohne aus

Wie plant man ein Festival, wenn das nächste Luftschutzsignal jederzeit alles stoppen könnte? Wie fühlt es sich an, Lichttechnik nicht für eine Bühne, sondern zur Drohnenabwehr einzusetzen? In der Ukraine hat sich die Veranstaltungsbranche seit Beginn des Krieges grundlegend verändert – und doch hält sie stand. Zwischen Luftalarm, fehlender Planbarkeit und einem beispiellosen Gemeinschaftsgeist zeigen Menschen wie Volodymyr Andrusyshyn, CEO von Alight, wie Kreativität, Pragmatismus und Leidenschaft selbst unter extremen Bedingungen weiterleben.

Kultur im Ausnahmezustand: Wie die ukrainische Veranstaltungsbranche im Krieg überlebt

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs steht die Veranstaltungsbranche in der Ukraine unter Dauerstress – und dennoch bleibt sie aktiv. Zwar ist die Zahl der Events stark zurückgegangen, doch Festivals wie das Atlas Weekend sollen weiterhin stattfinden. Die größte Herausforderung ist dabei nicht etwa die Technik – sondern die Unplanbarkeit. „Es gibt keine langfristige Perspektive. Wir können kaum zwei Wochen im Voraus planen“, sagt Volodymyr Andrusyshyn, CEO der ukrainischen Produktionsfirma Alight.

Investitionen in neue Technik oder größere Expansionspläne? Undenkbar unter Kriegsbedingungen. Stattdessen gilt es, pragmatisch zu handeln – und wenn nötig, von einem Tag auf den anderen umzudenken.

Zwischen Kulturauftrag und Schutzraum

Volodymyr Andrusyshyn, CEO von Alight
Volodymyr Andrusyshyn, CEO von Alight

Während viele Menschen Konzerte als unangemessen in Kriegszeiten empfinden, erleben Theater einen regelrechten Boom. Karten sind teils Monate im Voraus ausverkauft. Der Grund: Theater bieten Schutz – baulich wie emotional. Denn jedes Veranstaltungsgebäude muss über einen sicheren Luftschutzraum verfügen. Die Anzahl der Besucher:innen darf diesen Kapazitäten niemals widersprechen. In manchen Fällen bedeutet das: Die Saalbelegung wird halbiert, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Auch technisch mussten Anpassungen vorgenommen werden – wenn auch weniger drastisch, als man vermuten würde. Generatoren und Starlink-Systeme kommen zum Einsatz, ähnlich wie in abgelegenen Gegenden oder bei Outdoorproduktionen in Friedenszeiten. Nur mit dem Unterschied, dass diesmal Krieg der Grund ist.

Ein Team, das zusammenbleibt – auch über Grenzen hinweg

Viele Fachkräfte aus der Branche sind zur Armee gegangen oder haben das Berufsfeld gewechselt, um ihre Familien zu ernähren. Dennoch ist der Zusammenhalt groß. „Für uns als Menschen, die ihren Beruf lieben, bedeutet Weitermachen auch Widerstand“, so Andrusyshyn. Deshalb hat Alight nicht nur den Betrieb in der Ukraine aufrechterhalten, sondern auch eine Dependance in Europa aufgebaut – mit einem Teil des Technikparks und des Teams nun in Warschau stationiert.
Von dort aus arbeitet die Alight Production Group mittlerweile europaweit, organisiert Konzerte und Festivals – etwa das Beonix Festival auf Zypern oder den ukrainischen Eurovision-Vorentscheid in Luxemburg.

Lichttechnik im Dienst der Verteidigung

Ein besonders eindrucksvolles Kapitel dieser Geschichte zeigt, wie kreativ und unkonventionell die Branche auf den Krieg reagiert. Als im Herbst 2022 iranische Kamikazedrohnen über ukrainischen Städten auftauchten, fehlten vielerorts geeignete Luftabwehrsysteme. Die Armee fragte bei Alight an, ob man Scheinwerfer zur Sichtbarmachung der Drohnen bereitstellen könne. Die Antwort war: Ja.
Inzwischen sind über 3.000 Fixtures nicht auf Bühnen, sondern an der Front im Einsatz – und helfen dabei, Leben zu retten (siehe Video). „Ich glaube, nach diesem Krieg werden wir viele neue Followspot-Operator:innen haben,“ scherzt Andrusyshyn.

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