„Plant a Seeed“ – eine Band für die Forschung

Die erste systematische, wissenschaftliche Erfassung von Nachhaltigkeitsaspekten urbaner Großveranstaltungen ist am 14.08.2022 mit dem fünften und letzten Seeed-Konzert in der Wuhlheide erfolgreich abgeschlossen worden.

Fünf Tage lang haben im Durchschnitt zwölf Studienassistenten:innen Daten erfasst und das Besucher:innenverhalten dokumentiert. Die systematische wissenschaftliche Auswertung wird noch einige Wochen dauern.

Plant a Seeed, das sind The Changency – Agentur für nachhaltigen Wandel in Kooperation mit der Band Seeed und der Studiengang Theater- und Veranstaltungstechnik und -management der Berliner Hochschule für Technik. „Plant a SEEED“ hat Innovationscharakter, denn bislang gibt es in Deutschland nach Angaben vo The Changency keine systematischen wissenschaftlichen Daten über den Einfluss von großen Events der Livemusik auf die Umwelt oder darüber, welche Maßnahmen den negativen Einfluss minimieren. So äußern sich auch Sarah Lüngen und Katrin Wipper, die Gründerinnen der Agentur für nachhaltigen Wandel The Changency. „Wir sind sehr dankbar für die wunderbare Zusammenarbeit mit Prof. Thomas Sakschewski und seinem Team sowie den unglaublich engagierten Student:innen.

Vom Reden zum Handeln

Durch diese Studie erhalten wir endlich die Erkenntnisse und Daten, die es braucht, um vom Reden ins Handeln zu kommen. Auch wenn die Projektidee bei uns entstanden ist, ist sie nur durch die gute Zusammenarbeit mit der Uni, der Band und den involvierten Gewerken zu einem erfolgreichen Gemeinschaftsprojekt geworden. Wir freuen uns sehr auf die weiteren Ergebnisse der Studie und hoffen, dass das Projekt „Plant a Seeed“ in der Branche zum Nachmachen anregt.“

150 Beobachtungsbogen mit etwa 1.000 Einzelwerten sind im Rahmen der Feldforschung entstanden. Sie erfassen so unterschiedliche Themen wie die Schlangenlängen und das Bestellverhalten (vegan, vegetarisch, omnivor) an den Essensständen, die Auslastung der Fahrradgarderobe, die Schlangenlänge und die Frequenz der Auffüllung von Flaschen und Bechern bei den sanitären Anlagen oder die Besucher:innenfrequenz und Ankunftszeiten an der S-Bahn Wuhlheide und der Tram Haltestelle FEZ. Diese sind zu digitalisieren und zu analysieren.

Fast 500 Fotografien zum Müllaufkommen müssen ausgezählt und ausgewertet werden. Nicht zuletzt sind an jedem der fünf Tage Onlinebefragungen zu den jeweiligen Schwerpunktthemen (Ressourcen, Beschaffung, Catering, Mobilität und Soziales) durchgeführt worden, an denen insgesamt mehr als 3.000 Personen teilgenommen haben. Von den Befragten waren 42,79 % männlich, 54,58 % weiblich und 1,35 % divers.

Die ersten Ergebnisse von „Plant a Seeed“:

  • Für mehr als zwei Drittel der Seeed-Konzertbesucher:innen (77,65 %) spielt Nachhaltigkeit eine wichtige oder sehr wichtige Rolle im Leben, aber jeder Dritte kam trotzdem mit dem PKW, auch wenn er aus Berlin oder dem Berliner Umland anreiste (63,47 %). Immerhin saß die Mehrheit (58,57 %) nicht allein im Auto, sondern hatte drei oder mehr Mitfahrende dabei. Dies konnte auch durch Beobachtung vor Ort bestätigt werden.
  • Die große Mehrheit der Befragten (94,74 %) ist bereit 1,00 Euro mehr zu zahlen, um Menschen, die unter schwierigen finanziellen Bedingungen leben, ein Konzertticket mitzufinanzieren.
  • Das Müllaufkommen ist geringer als vermutet. Die Seeed- Konzertbesucher:innen achten darauf, ihren Müll ordentlich zu entsorgen, doch Kippen landen immer noch auf dem Boden. Die kostenlosen Taschenaschenbecher, die an einen Teil der Besucher:innen verteilt wurden, sind aber sehr dankbar angenommen und auch genutzt worden.
  • „Merchandising Produkte müssen fair gehandelt und nachhaltig produziert werden.“: Dem stimmen 94,90 % der Seeed-Konzertbesucher:innen auch dann zu, wenn sie mehr als 5,00 € (40,03 %) oder sogar bis zu 10,00 € (41,10 %) teurer sind. Jede/r zehnte/r Besucher:in ist sogar bereit über 10,00 € mehr für Merchandisingprodukte zu bezahlen, wenn sie fair gehandelt und nachhaltig produziert wurden.
  • Für mehr als zwei Drittel der Seeed-Konzertbesucher:innen kommt ein rein vegetarisches (72,13 %) und für die Mehrheit (55,29 %) auch ein rein veganes Angebot auf Konzerten in Frage. Die Beobachtungen belegen eine hohe Nachfrage nach veganen und vegetarischen Angeboten. Mehr als zwei Drittel (76,2 %) sind bereit für ein nachhaltiges Essen auf Konzerten mehr zu zahlen.
  • Die Fahrradgarderobe war an allen Tagen gut ausgelastet und wurde zumeist spontan den Schildern vor Ort folgend aufgesucht. Die Fahrraddemo am Mobilitätstag führte zu keiner bemerkbaren Erhöhung der Anzahl der Nutzer:innen. Hier wäre wohl eine frühere Ankündigung sinnvoll gewesen, denn gerade Mitmach-Aktionen müssen mit Vorlauf kommuniziert werden.
  • In den Spitzenzeiten sind die Schlangen vor den sanitären Anlagen vor allem bei den WCs für Frauen lang. Sie werden dadurch noch länger, dass nur dort die Möglichkeit besteht mitgebrachte Trinkflaschen oder Becher mit kostenlosem Trinkwasser aufzufüllen.

Ein zusammenfassender, ausführlicher Bericht folgt Ende September. In diesem sind dann auch Empfehlungen für die Praxis zu finden.

Quellen: