Erwartung, Wut, Ekel, Angst, Freude, Traurigkeit, Überraschung, Vertrauen – acht grundlegende Gefühle – ausgedrückt und erlebbar während SKALAR, einem erstaunlichen und überzeugenden Stück immersiver, kinetischer Licht-Kunst, geschaffen durch Künstler/Designer Christopher Bauder und Musiker/Komponist Kangding Ray.
Neunzig ROBE Pointes, 65 doppelseitige Spiegel aufgehängt an 195 speziellen Winden, jeweils eingefasst in einen Ring aus 180 adressierbaren Pixeln – in einer beeindruckenden Industriehalle, die fast schon wie eine Kathedrale wirkt. SKALAR stellt Technologie und Vorstellungskraft in eine zerebrale Dichotomie, um den Geist und die Seele zur Erzeugung der grundlegenden, menschlichen Reaktionen tiefen Gefühls anzuregen.
Während Bauders konzeptioneller Ausgangspunkt das „Rad der Gefühle“ des amerikanischen Psychologen Robert Plutchik war, war sein physischer Ausgangspunkt das Kraftwerk selbst.
Als er dort bereits ein paar Jahre zuvor gearbeitet hatte, löste das alte Kraftwerk in ihm den Ehrgeiz aus, in dem großen, leeren Luftraum etwas Großes und Spannendes mit Licht zu erschaffen.
SKALAR übernimmt die riesige ehemalige Turbinenhalle im dritten Stock, die eine 100 Meter lange und 40 Meter breite Veranstaltungsfläche mit sage und schreibe 25 Metern Deckenhöhe bietet. Die Idee dabei war auch, ein innovatives technisches Projekt vorzustellen: ein maßgeschneidertes Windensystem und die zugehörige Show-Control-Software, die er mit seiner Firma Kinetic Lights entwickelt hat.
Seine andere Firma, die Kreativagentur WHITEvoid, hat die die gesamte technische Produktion der Veranstaltung sowie die Beschaffung des Equipments übernommen, unterstützt durch Kinetic Lights. Als das Projekt ins Rollen kam, wusste Christopher bereits, dass er Robe Pointes als Beamlight verwenden wollte, um dem Spiegelsystem gerecht zu werden. Es sei die logische Konsequenz für ihn gewesen, sich an ROBE zu wenden.
Christopher und David Letellier (Kangding Ray) wussten, dass sie das Konzept der Location auf den steinernen Leib würden schneidern müssen. „Mit der Location kann man nicht verhandeln“, erklärt Bauder. „Der Deal ist, dass man sie an Bord nimmt und mit dem Respekt behandelt, den sie verdient, und Lösungen für Probleme wie den Hall und das spezielle Rigging findet.“
Mit SKALAR wollte Bauder das Publikum in die klangliche und visuelle Welt der Installation eintauchen und direkte emotionale Reaktionen auf die Kunst spüren lassen – stets im Bewusstsein, dass jede dieser Reaktionen je nach Set und Setting individuell ausfällt.
Das Spiegelsystem ist in der Decke des Raumes angebracht, mit den Lichtern rundherum auf drei Seiten positioniert – 75 Pointes wurden an den Wänden auf Leitern angebracht und 15 weitere fanden ihren Platz auf drei Totem-Traversen in der Mitte. Dieses dynamische Set-Up erlaubt dem Künstler, das Licht in diverse Richtungen zu blenden und lenken. Bauder interessierte sich besonders für die Relation zwischen den primären Beams, die von den Geräten auf den Spiegel treffen, und den virtuellen, sekundären Beams, die zwischen dem Spiegel und den Endpunkten reflektiert werden.
Die unterschiedliche Resonanz und Qualität der Beams beeinflusst die Wahrnehmung und damit die Reaktion jedes Einzelnen sowie die daraus resultierende Sinneswahrnehmung. Jeder Spiegel wird von drei Winden gesteuert, die sieben Meter Auf-/Abbewegung sowie Schwenk-/Neigebewegungen ermöglichen, sodass sich die Siegel absolut geschmeidig auf den X,Y und Z-Achsen bewegen. Das macht ihre Kinetik dreidimensional und flüssig. Die Spiegelbewegung wird über Art-Net von Kinetic Lights‘ proprietärer KLC Software-Plattform gesteuert. Das gesamte System ist vernetzt.
Als Lichtquelle wünschte sich der Künstler einen hellen, präzisen und intensiven Output. Er wollte auch eine dynamische Leuchte mit vielen Optionen, um den Beam auch zu modifizieren, sowie etwas Kleines und Genaues in Bezug auf Cue-Reproduzierbarkeit über den weiten Raum. Als er im Herbst das Design für die 2017er Abschlussfeier im trendigen neuen Superclub Hï Ibiza entwarf, war er sehr beeindruckt von den Pointes, die Romain Pissenem und das Hï Scream Team für die Saison genutzt hatten. So wurde der Pointe für SKALR die erste Wahl.
„Zusätzlich zur Genauigkeit der Lichtqueues benötigten wir ein Licht mit hochkalibrierten Farben, die perfekt zueinander passen. Es musste sich schnell bewegen, einfach zu handhaben und zu programmieren und auch leicht verfügbar sein. Dies und die Schärfe und Klarheit des ausgestrahlten Lichts des Pointe machten ihn perfekt für diese Installation.“
Die Frost- und die Strobe-Funktion mit einstellbarer Framerate finden auch in SKALAR Anwendung, und tatsächlich werden die meisten Funktionen der Pointes auch genutzt. Es lassen sich sogar einige Gobos entdecken, die nicht auf die traditionelle Weise verwendet werden, sondern ganz nebenbei Volumen im Raun erzeugen. Die DMX-Signale werden von Art-Net konvertiert und in den KLC-Computer integriert, wo Bauder und sein Team eine Reihe von Beleuchtungsszenen programmiert haben, die als Cues in Echtzeit während der Wiedergabe gerendert werden; angetriggert durch MIDI-Tasten des Ableton-Live-Systems, auf dem die Master-Spur läuft.
Die 90 Pointes wurden Kinetic Lights als Dry Hire von der Verleihfirma Motion aus Fürth geliefert. Die Hazer stammen von Look Germany, und das leistungsstarke L-Acoustics KARA / ARCS-Soundsystem stammt von Complete Audio. Das im Dach schwebende Teil wurde vom Kraftwerk-Haus-Rigger Satis&fy komplettiert und die Traversen des Winden-Systems wurden von Lichtblick in Berlin bezogen.
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