Für eine interaktive Ausstellung des LVR-LandesMuseum Bonn fertigt das Beethoven Orchester Bonn immersive Klassik-Aufnahmen mithilfe von Sennheiser AMBEO VR Mikrofonen an.
Am 17. Juni 2019 verwandelte sich das Brückenforum Bonn in einen Konzertsaal für klassische Musik. Das Beethoven Orchester Bonn spielte unter Leitung von Dirigent Dirk Kaftan ab 11 Uhr ohne Anwesenheit von Publikum einen Auszug aus Beethovens 9. Symphonie. Das in Bild und Ton aufgezeichnete Geschehen wird ab November 2019 im LVR-LandesMuseum Bonn im Rahmen der Ausstellung „Music! Hören, Machen, Fühlen. Eine Mitmachausstellung“ zu erleben sein.
Die Ausstellungsbesucher können dort über Kopfhörer in einer temporären Installation akustisch an unterschiedlichen Positionen im Orchester Platz nehmen – und dem beeindruckenden Klangkörper aus ungewohnten Perspektiven lauschen. Um eine überzeugende akustische Immersion zu ermöglichen, wurden bei der Aufnahme in Bonn sechs Sennheiser AMBEO VR Mics zwischen den Orchestermusikern aufgestellt.
Mittendrin statt nur dabei
Innerhalb des Orchesters waren die sechs Sennheiser AMBEO VR Mics nahe folgender Instrumente positioniert: Timpani, Posaune, French Horn, Flöte, Viola, 1. Violine. Die Kapseln der Sennheiser Ambisonics-Mikrofone zeigten nach unten; im zugehörigen Sennheiser „AMBEO A-B-Konverter“ ist ein entsprechender Positionierungsparameter („Upside down“) vorhanden.
„Im Idealfall würde man die Kapseln genau dort platzieren, wo sich der Kopf des jeweiligen Instrumentalisten befindet – aus naheliegenden Gründen ist das in der Praxis natürlich nicht möglich“, erläutert Toningenieur Freek de Greef, der zusammen mit Thomas Koopmans die Aufnahmen durchführte. „Wenn man den Musikern mit einem Mikrofon zu nahe kommt, empfinden sie es als störend. Wir haben uns daher für eine Aufstellung entschieden, bei der die Instrumentalisten nicht in ihrer Bewegungsfreiheit beeinträchtigt werden, die Mikrofone mit ihrer am Schaft markierten Frontseite dennoch aber in die gleiche Richtung weisen, in welche sich auch der jeweilige Musiker orientiert: Hält der Geiger sein Instrument beispielsweise auf der linken Seite, stellen wir das AMBEO VR Mic rechts von ihm in Richtung des Instruments zeigend auf – das klingt später in der Mischung dann absolut überzeugend!“
AMBEO VR Mic im musikalischen Kontext
Freek de Greef hat an der „HKU – Hogeschool voor de Kunsten Utrecht“ Audio Design studiert und sein Studium mit einem Master of Arts abgeschlossen. Mit seiner Firma De Greef Audio deckt der versierte Tonmann unterschiedliche Aufgabengebiete ab und arbeitet darüber hinaus als Lehrkraft im Bereich Audiodesign.
Mit Sennheiser AMBEO VR Mics hat der erfahrene Audioprofi bereits in anderen Zusammenhängen gearbeitet: „Berücksichtigt man die vielfältigen Ausstattungsmerkmale und Einsatzmöglichkeiten des Sennheiser AMBEO VR Mics, kann man dem Mikrofon ein außerordentlich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bescheinigen“, so Freek de Greef. „Das Sennheiser AMBEO VR Mic ist nicht nur ideal für den Bereich Virtual Reality bei Gaming-Anwendungen, es funktioniert auch im musikalischen Kontext ganz hervorragend! Aufgrund seiner kompakten Maße lässt sich das Mikrofon gut positionieren, und die mitgelieferten Halterungen funktionieren in der Praxis bestens: Bei der Aufnahme in Bonn haben wir die Mikrofone mit den Kapseln nach unten sowie teilweise an langen Auslegern montiert. Zu Beginn hatte ich leichte Bedenken, dass sie vielleicht aus ihren Halterungen rutschen könnten. Der Sitz in den Shockmounts ist allerdings bombenfest, und bezüglich der Trittschallübertragung ist mir bei den im Lieferumfang enthaltenen Aufhängungen nichts Negatives aufgefallen. Der Klang der AMBEO VR Mics wirkt transparent, und die gesamte Dynamik musikalischer Darbietungen lässt sich problemlos einfangen. Die Empfindlichkeit ist bei einem nur sehr geringen Noisefloor erfreulich hoch, so dass man die Mikrofonsignale nicht übermäßig vorverstärken muss.“
In Bonn überraschte der realistische Klangeindruck bereits beim ersten Durchhören der Recording-Rohfassung: Lauschte man dem Ambisonics B-Format des an der Position nahe der Flöte aufgestellten AMBEO VR Mics, ertönte im linken Ohr leicht schräg hinten das Fagott und rechts schräg hinten die Klarinette, selbst wenn die Flöte nicht spielte – ein Gegensatz zu üblichen Aufnahmekonzepten für klassische Musik. Wer während eines Konzerts noch nie zwischen Orchestermusikern gesessen hat, wird sich möglicherweise wundern, wie unterschiedlich der Klang innerhalb des Orchesters gegenüber der typischen Zuhörerposition im Saal ausfällt und wie wenig bzw. wie viel einzelne Musiker von ihren Kollegen hören. Auf ganzer Linie zu beeindrucken wusste auch die Klangerfahrung, die mit dem direkt oberhalb des Perkussionisten platzierten Sennheiser AMBEO VR Mic vermittelt werden konnte: Der Hörer befindet sich hier gefühlt mittig zwischen den Pauken und nimmt die Instrumente der übrigen Orchestermusiker als von vorne kommend wahr.
Hyperrealismus im binauralen Klangfeld
Der Einsatz von Sennheiser AMBEO VR Mics wurde in Bonn durch eine konventionelle Mikrofonierung ergänzt, die sich aus Hauptmikrofonen in A/B- und ORTF-Anordnung (Dirigentenplatz, Zuhörerplatz) sowie zahlreichen Stützmikrofonen zusammensetzte. Während der Postproduktion wurden diese Signale herangezogen, um den Klangeindruck der AMBEO VR Mics anzureichern, sofern es für die Ausstellung als künstlerisch notwendig erachtet wurde.
Freek de Greef spricht von „Hyperrealismus“ und meint damit, dass das Klangerlebnis in der Ausstellung für tontechnisch unerfahrene Hörer ein wenig prägnanter als in der echten Orchesterumgebung reproduziert wird. „Bei den Mischungen starten wir mit den Signalen der AMBEO VR Mics, welche für die Lokalisation essenziell sind“, so Freek de Greef. „Die zusätzlich verfügbaren Mono- und Stereosignale der anderen Mikrofone werden ergänzend mithilfe von Plug-ins im binauralen Klangfeld untergebracht. Das ist dann zwar nicht mehr die vollkommen natürliche Reproduktion der Schallereignisse, aber im Kontext der Ausstellung, die ja speziell auch Kinder und Jugendliche anspricht, ist es sicher in Ordnung, einzelne Quellen im Sinn der gewünschten Hörerfahrung vorteilhaft zu betonen, ohne dabei maßlos zu übertreiben.“
Highend-Audioqualität dank 24/96-Recording
Die aus den Mikrofonen stammenden analogen Signale wurden direkt an der Bühne auf zum digitalen Mischpultsystem gehörende Stageboxen geführt und auf diese Weise so nah wie möglich an der Quelle vorverstärkt und digitalisiert, um Klangverlusten auf den langen Leitungswegen zum provisorisch in der Nähe des Saals eingerichteten Regieraum vorzubeugen. In der Tonregie wurde unter anderem ein kompaktes digitales Audiomischpult in Kombination mit einem DSP-Server betrieben. Die Vorverstärkung für alle vier Kanäle jedes Sennheiser AMBEO VR Mics hatte Freek de Greef akkurat abgeglichen; die Audiosignale wurden ohne weitere Bearbeitung in eine DAW geführt. In der Digital Audio Workstation wurden 48 Kanäle mit einer Wortbreite von 24 Bit bei einer Abtastrate von 96 kHz aufgezeichnet. Das Ambisonics A-Format wurde mithilfe des Sennheiser Software-Plug-ins „AMBEO A-B-Konverter“ in das Ambisonics B-Format überführt und konnte unter Einsatz eines „Ambi Head“ Plug-ins von Noise Makers mit einem Kopfhörer kontrolliert werden. Mithilfe des Sennheiser „AMBEO A-B-Konverter“ lassen sich die aufgezeichneten Einzelsignale der AMBEO VR Mics in der Postproduction flexibel nutzen, so dass auf mögliche Änderungen in der Ausstellungskonzeption anstrengungslos reagiert werden kann. Impulsantworten für realistische Räumlichkeit
Unter akustischen Kriterien ist der rund 1.000 qm messende Multifunktionssaal des Bonner Brückenforums für anspruchsvolle Recordings nicht besonders gut geeignet. „Wir haben die Mikrofone derart positioniert und ausgerichtet, dass vergleichsweise wenig Raumanteil aufgenommen wird“, kommentierte Freek de Greef. „In der Postproduktion werden wir Räumlichkeit mit einem Ambi Verb HD von Noise Makers hinzufügen – die Impulsantworten, auf denen dieses Plug-in basiert, wurden mit einem Sennheiser AMBEO VR Mic aufgezeichnet. Natürlich wäre es schön gewesen, einen gut klingenden Saal zur Verfügung zu haben – in diesem Fall hätten wir mehr Mikrofone mit Omni-Charakteristik eingesetzt und möglicherweise außerdem Impulsantworten aufgezeichnet, um den vor Ort vorhandenen Raumklang einzufangen. Man muss allerdings in Betracht ziehen, dass das Ziel unserer Recording-Aktivitäten keine typische Klassikaufnahme, sondern eine besondere Aufzeichnung für eine spezielle Wiedergabesituation in einer Ausstellung ist.“
Mitmachausstellung: Das Beste zu Beethovens Geburtstag!
Ludwig van Beethovens 250. Geburtstag im Jahr 2020 ist Anlass, den Komponisten in seiner Geburtsstadt Bonn umfassend zu würdigen. Teil des Jubiläumsprogramms ist die Mitmachausstellung „Music! Hören, Machen, Fühlen.“ im LVR-LandesMuseum Bonn, bei welcher das gemeinsame Erleben von Musik im Mittelpunkt steht. 25 interaktive Stationen laden ein, Musik zu hören, zu machen und zu fühlen, ohne dass dabei zwangsläufig ein Instrument beherrscht oder Notenkenntnisse vorhanden sein müssen.
Die räumlich größte Station der Ausstellung ist dem zweiten Satz von Beethovens 9. Symphonie gewidmet, der über Kopfhörer in „binauralem 3D-Sound“ zu hören ist. „Unsere Gäste haben die Möglichkeit, mitten im Orchester Platz zu nehmen, den Dirigenten zu beobachten und zu erleben, wie sich ein Musiker an unterschiedlichen Positionen im Orchester fühlt“, fasst Lothar Altringer, stellvertretender Direktor und Ausstellungsleiter im LVR-LandesMuseum Bonn, das Konzept der Station prägnant zusammen. Ein aufwändiges (und kostenintensives) Kopfhörer-Headtracking ist nicht vorgesehen; vielmehr werden Besucher ihren Sitzplatz wechseln müssen, um den unterschiedlichen Klangeindrücken lauschen zu können. Acht Positionen (1. Violine, Bratsche, Horn, Timpani, Posaune, Flöte, Dirigent, typischer Sitzplatz im Saal) sind als binaurale Klangimpressionen vorgesehen und werden mit acht unterschiedlichen, von Freek de Greef erstellten Mischungen bespielt.
Die insbesondere Kinder und Jugendliche adressierende Ausstellung wird am 20. November 2019 offiziell eröffnet und kann in Bonn bis Mitte September 2020 besucht werden. Anschließend wird die in Zusammenarbeit mit NorthernLight und YiPP entwickelte Wanderausstellung in weiteren Städten in Deutschland und den Niederlanden gastieren. „Die Ausstellung soll für Musik begeistern, aber auch deutlich machen, dass Musik aus gemeinsamer Aktivität entsteht und zu unserem Leben dazu gehört“, sagt Lothar Altringer. „Es ist wichtig, dass insbesondere Kinder und Jugendliche dem musikalischen Geschehen in hochwertiger Klangqualität folgen können und eben nicht nur MP3-Files über billige Ohrstöpsel zugespielt bekommen. Insofern ist es nur konsequent, dass wir bei der Aufnahme mit Mikrofonen von Sennheiser auf die beste verfügbare Audiotechnik setzen – sonst würde der Aufwand schlichtweg keinen Sinn ergeben!“
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