Im Rahmen einer grundlegenden Modernisierung wurde im „Produktionskomplex Philharmonie“ des Westdeutschen Rundfunks (WDR) Lawo-Technologie installiert und in das ebenfalls aufgewertete Audionetzwerk eingebunden.
Intern wurde das WDR-Gesamtprojekt von der Abteilung Musik- und Großproduktion verantwortet und von der Abteilung Planung und Projektierung durchgeführt. Mit der Systemintegration war das Kölner Unternehmen Mediatec Video- und Audio-Service GmbH beauftragt worden. Die Erneuerung der WDR-eigenen Infrastruktur im Saal und die baulichen Maßnahmen im Regiekomplex erfolgten in der Sommerpause 2018 innerhalb von sechs Wochen. Bis zur Fertigstellung der Regien wurden die Aufnahmen und Übertragungen der Konzerte von einem Ü-Wagen übernommen, der bereits die neue Saalinfrastruktur nutzte. Das Gesamtprojekt konnte nach drei Monaten planmäßig abgeschlossen werden.
Die Kölner Philharmonie in nächster Nähe zum Dom wird nicht nur für Produktionen und Konzertmitschnitte aller WDR Musikensembles (WDR Sinfonieorchester, WDR Big Band, WDR Funkhausorchester, WDR Rundfunkchor) genutzt, sondern ist auch Veranstaltungsort für ein breitgefächertes Kulturprogramm mit Konzerten unterschiedlicher Stilrichtungen und Lesungen.
Herzstück der modernisierten Audiotechnik ist eine IP-basierte Lawo mc²96 Grand Production Console in der Aufnahmeregie für die Abmischung und Aufzeichnung von Konzerten und die Übergabe der Audiosignale an ein ebenfalls neues sapphire compact Radio-Broadcast-Mischpult im Sprecherraum des Hauses für die Moderation und weitere senderelevante Beiträge. Die Neuinstallation war notwendig geworden, da die bisher installierte Konsole eines anderen Herstellers aufgrund ihres Alters die Gewährleistung der Betriebssicherheit sowie die stetig steigenden Anforderungen für immer ambitioniertere Musikaufnahmen in 96 kHz mit wachsendem Kanalaufkommen und entsprechend mehr DSP-Leistung und Routingkapazität nicht mehr erfüllen konnte. Der Entscheidung zum Lawo-Pult ging ein Bewertungsverfahren voraus, bei dem die Wahl letztendlich auf das Flaggschiff der mc²-Familie fiel. Den Auftrag vergab der WDR Anfang 2018.
Das neue mc²96 wird abhängig von den Produktions- und Qualitätsanforderungen wahlweise mit einer Abtastrate von 96 kHz oder 48 kHz betrieben. Es bietet mit einer Verarbeitungskapazität von 192 (384) DSP-Kanälen bei 96 (48) kHz, einer Routerkarte mit 8192 x 8192 Koppelpunkten und 72 Fadern auf der Bedienoberfläche zahlreiche Optionen für zukünftige Projekte.
Wichtige Punkte bei der Entscheidung für das mc²96 waren unter anderem die Nutzungsmöglichkeit der pulteigenen Displays zur Darstellung der DAW-PCs sowie die Flexibilität anwenderdefinierbarer Funktionen, die über User-Buttons bedient werden können. Eine umfassende Redundanz – Routerkarte, DSP-Karte und durchgängig redundante Netzgeräte – gewährleisten höchstmögliche Betriebssicherheit.
Das sapphire compact im Sprecherraum der Philharmonie kann wahlweise unabhängig oder im Zusammenspiel mit dem mc²96 betrieben werden. Bei Live-Übertragungen aus der Philharmonie wird es für An- und Abmoderationen, Interviews sowie das Einspielen von Pausenbeiträgen genutzt und zu diesem Zweck während der laufenden Sendung – ausgehend von der Kreuzschiene des mc²96 – klickfrei in die Sendekette eingeschleift. Um Pegelsprünge bei der Übernahme zu vermeiden, wird der Übernahmeregler des sapphire vom mc²96 ferngesteuert auf die richtige Position gezogen. Die Sendesignale in 5.1-Surround und Stereo werden dann vom mc²96 via RAVENNA-Anbindung an den Hauptschaltraum des WDR-Funkhauses übergeben und live z.B. auf der Klassikwelle WDR 3 übertragen.
Im Zuge der Modernisierung wurden ferner ein neues Verkabelungskonzept für die Mikrofonwege über DALLIS I/O-Systeme als Stageboxen sowie eine neue Anbindung an Saaltechnik, FoH- und Monitorplatz (Konzertbetrieb) und Ü-Technik (Fernsehsendungen und Streaming) realisiert. Dank kurzer Kabelwege zu den Mikrofonvorverstärkern unter der Bühne und in der Decke sowie der Anbindung des mc² HD Core und der Signalverteilung mittels Glasfaserkabel konnte die Signalqualität deutlich gesteigert werden. Eine neue elektrotechnische Ausstattung, die Renovierung der Räume und die Optimierung der Akustik im Regiekomplex führten zur Optimierung der Abhörbedingungen.
Neben dem Sinfonieorchester beherbergt der Produktionskomplex Philharmonie immer wieder auch die WDR Big Band, die dort ebenfalls Konzerte gibt und aufnimmt. Da die Big Band ihre Aufnahmen in einer eigenen Regie mit einem mc²66 nachbearbeitet, trägt die Ausstattung der Regie in der Philharmonie mit einem Lawo-Mischpult zur Effizienz bei der Musikproduktion bei, da Toningenieure, die für beide Klangkörper zum Einsatz kommen, eine vertraute Arbeitsoberfläche vorfinden. Ein nicht zu unterschätzender Zusatzvorteil dieser Lösung sei, dass sowohl in den Betriebsbereichen wie auch im Service des Hauses bereits ein erhebliches Knowhow über Lawo-Equipment vorhanden ist.
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